Goethe ist ein Günstling der Natur, scheinbar gelingt ihm alles: Dichtung, Politik, Wissenschaft. Auf vertrautem Fuße steht er zur Natur und entwickelt eine organische, ganzheitliche Naturbetrachtung. Seine Produktivität lebt aus Empfindung und Intuition, er wirft sich handelnd in die Welt, um zu sich selbst zu gelangen. Ganz anders Goethe: Schiller muss sich alles erkämpfen, lange ist er sich seiner Qualitäten nicht bewusst. Eine chronische Krankheit lässt ihn ein nur kurzes Leben erwarten, folglich fordert er vom Geist, dass er sich den Körper baue. Schiller geht zunächst einen philosophiebeladenen Gang, er denkt Kant weiter und hinterlässt die innovativste Ästhetik seiner Zeit. Doch dann wendet er sich von der Philosophie ab und dem schöpferisch Unbewussten zu. Wir verfolgen an ausgewählten Texten – Briefe, Gedichte, Theaterstücke, Romane und theoretische Beiträge zur Ästhetik und zum Kunstverständnis – die beiden konträren Charaktere. In der Dramaturgie ihrer Freundschaft spiegelt sich eine Grundspannung, die auch uns angeht: Denken und Handeln, Geist und Natur, Freiheit und die Allverbundenheit des Seins.